Swissbau 2018: SNBS – seine Mehrwerte in der Praxis
Weil der angekündigte Moderator Paul Knüsel von der Redaktion Tec21 krank war, leitete Stephan Wüthrich von CSD Ingenieure AG durch die Veranstaltung. Olivier Meile führte in seiner Einleitung kurz in die «Gebäudelabel-Familie» des Bundesamts für Energie (BFE) ein. Sie besteht aus GEAK, Minergie, 2000-Watt-Areal und eben dem SNBS. Mit diesen vier Labels, so die Überlegung des BFE, sollte sich fast jede Art von Bauprojekt abdecken lassen. Joe Luthiger stellte kurz das Konzept des SNBS vor. Dabei wies er auf das duale System hin, das einerseits den kostenlos verfügbaren Standard und andererseits die kostenpflichtige Zertifizierung durch SGS bietet.
Danach erläuterte Urs-Thomas Gerber von CSD, wie der SNBS Planer und Bauherren im ganzen Bauprozess unterstützen kann. Das fängt beispielsweise dort an, wo es darum geht, Bestandesbauten rasch und zu beurteilen. Für einen solchen Pre-Check kann eine angepasste Kriterienliste des SNBS herangezogen und in verhältnismässig kurzer Zeit abgearbeitet werden. Dabei lassen sich Stärken und Schwächen erkennen, Potenziale identifizieren sowie Ziele und Absichten definieren.
VOM PRE-CHECK BIS ZUR PROJEKTBEGLEITUNG
Eine weitere praktische Anwendung ist der Variantenvergleich. Hierbei können mithilfe des SNBS Ist-Zustände verglichen werden. Es lässt sich auch abschätzen, ob ein Gebäude sinnvoll saniert werden kann oder doch besser ersetzt werden soll. Die Ergebnisse können zum Setzen von Schwerpunkten und als Grundlage für die Bestellung dienen.
Als Werkzeug für die Projektbegleitung hilft der SNBS schliesslich zu steuern, Schwerpunkte zu setzen und Entscheidungen zu fällen. Und: Indem er das nachhaltige Bauen systematisiert, schafft er Raum für Innovationen.
Stephan Kessler, Projektleiter PM Ausland beim BBL, erläuterte am Beispiel der Schweizer Präsenz in San Francisco, wie der Bund den SNBS nutzt. Die Aufgabe: Es sollten mehrere Schweizer Organisationen unter einem Dach zusammengeführt werden, die bis jetzt in der Stadt verteilt waren. Dazu gehörten das Generalkonsulat, Swissnex, Schweiz Tourismus und der Swiss Business Hub.
FÜR DIE SCHWEIZER PRÄSENZ IN SAN FRANCISCO
Im Gespräch waren 30 Standorte. Um rasch zu einem Entscheid zu kommen, wurden mit der SNBS-Standortbeurteilung Pre-Checks gemacht. Als Grundlage diente eine Liste mit 75 Fragen, die in einem Workshop mit dem Architekten, dem Projektentwickler, dem Projektleiter und dem Moderator durchgearbeitet wurde. Das war in rund einem Tag plus Nachbearbeitung erledigt und hat schliesslich die Begründung geliefert, warum der heutige Standort «Pier 17» weiterverfolgt werden soll.
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie folgte eine erste Beurteilung nach SNBS. Sie lieferte die Durchschnittsnote 4,7, was für Verwaltungsbauten überdurchschnittlich ist. Bei der Überprüfung nach dem Bau stieg die Note gar auf 4,9. Der Pre-Check mit dem SNBS habe sich so gut bewährt, dass sie bereits bei einem weiteren Projekt in Georgien eingesetzt wird, hielt Kessler fest. Ob die Gebäude künftig zertifiziert werden sollen, werde jeweils projektbezogen entschieden.
ALS WERKZEUG IN EINEM INTERNATIONALEN KONZERN
Wie sich der SNBS in Prozesse eines internationalen Konzerns integrieren lässt, präsentierte anschliessend Dominik Zaugg, Standortarchitekt und Verantwortlicher für Nachhaltiges Bauen bei der F. Hoffmann-La Roche AG. In seinem Unternehmen habe Nachhaltigkeit generell einen hohen Stellenwert. Durch nachhaltiges Bauen im Besonderen soll die Umwelt geschont und gleichzeitig Geld gespart werden. Es gehe aber auch darum, teure Betriebsstörungen zu vermeiden.
Für den SNBS als Werkzeug habe vor allem gesprochen, dass er sehr umfassend ausgelegt ist. Deshalb liessen sich die Kriterien des Standards relativ einfach mit den Roche-eigenen Bauvorschriften zusammenführen. Um dem Standort Basel mit seinem knappen Flächenangebot gerecht zu werden, wurden Schwerpunkte bei der Verdichtung gesetzt. Am Ende entstand eine Checkliste, die bei allen Projekten abgearbeitet wird.
Besonders nützlich am SNBS ist aus der Sicht von Roche, dass er den Vergleich und die Bewertung von Projekten erleichtert und dass er hilft, Potenziale zu finden. In den Projekten unterstützt er alle Beteiligten, indem er ein systematisches Abfrage-Tool über alle Phasen des Bauprozesses bereitstellt. So verankere er laut Zaugg die Nachhaltigkeit besser im Projekt. Hinzu komme, dass er hilft, die Leistungen des Unternehmens im nachhaltigen Bauen besser kommunizierbar und damit sichtbar zu machen.
Am Beispiel des neuen Roche-Turms in Basel zeigte Zaugg, wie das Bauen mit dem SNBS die Nachhaltigkeit verbessert: Der Turm führte zu einer deutlichen Verdichtung auf dem bestehenden Areal. Er braucht nur noch ein Fünftel der Wärme seines Vorgängerbaus. Seine Storesteuerung und der Reflexionsgrad der Fassade schützen Vögel davor, in die Fenster zu krachen. Zudem sei er weitgehend barrierefrei und erlaubt es allen Mitarbeitenden, dieselben Wege zu nutzen.
FÜR DEN UMBAU EINER JUSTIZVOLLZUGSANSTALT
Im letzten Referat führte Patrick Ernst, Mitinhaber und Geschäftsführer brücker+ernst gmbh sia, Luzern, dem Publikum vor Augen, wie flexibel der SNBS ist. Er setzt ihn in einem laufenden Projekt für die Justizvollzugsanstalt (JVA) Witzwil genutzt. Dort geht es um die Instandsetzung von zehn Gebäuden und den Ersatz des Arbeitsexternats.
Für den SNBS habe sich der Kanton Bern als Bauherr entschieden, weil er die drei Säulen der Nachhaltigkeit am besten abdeckt. Zudem sollte die JVA als Pilotprojekt für ein nutzungsunabhängiges Instrument zum nachhaltigen Bauen dienen. Die Zertifizierung stand nicht im Vordergrund. Wichtiger war es, Varianten zu vergleichen und messbare Ergebnisse zu erhalten. Ein weiteres Argument für den SNBS war dessen Lebenszyklusansatz.
Die Projektbeteiligten lernten den SNBS als Planungswerkzeug schätzen, das auf vertrauten Instrumenten und Normen aufbaut. Es zeigte sich, dass die Kriterien des SNBS zum allergrössten Teil auch für eine JVA anwendbar sind. Aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen lasse sich sagen, dass der SNBS recht gute Chancen hat, sich als nutzungsneutraler Standard im Kanton Bern zu etablieren.
WEITERE INSTRUMENTE WERDEN FOLGEN
In der Fragerunde wollte ein Teilnehmer wissen, ob es für den SNBS bald ein Werkzeug für den Pre-Check geben wird. Laut Joe Luthiger wird darüber nachgedacht. Für die Entwicklung eines offiziellen SNBS-Werkzeugs brauche es aber immer ein gemeinsames Verständnisses der wichtigen Akteure. Deshalb lasse sich im Moment noch nicht sagen, wann genau es zur Verfügung stehen wird.
Ein weiterer Teilnehmer fragte, ob ein System zur Rezertifizierung im Betrieb geplant sei. Olivier Meile antwortete, es sei ein SNBS zum Betrieb von Gebäuden geplant. Wann der veröffentlicht wird, könne er aber noch nicht sagen.
NNBS-Präsident Martin Hitz, der auch im Publikum sass, fragte, was man eigentlich mit den schwarzen Schafen machen solle, die sich überhaupt nicht um Nachhaltigkeit kümmerten. Hier brauche es etwas Geduld, antwortete Urs-Thomas Gerber. Mit dem nachhaltigen Bauen werde es wohl ähnlich laufen wie mit den Bio-Lebensmitteln oder den Fairtrade-Produkten. Am Anfang waren das klitzekleine Nischen für Idealisten, heute ist das bereits Mainstream.
Arbeitsmaterial des Workshops «SNBS – seine Mehrwerte in der Praxis»
Einführung
Olivier Meile, Leiter Bereich Gebäudetechnologie, Bundesamt für Energie;
Joe Luthiger, Geschäftsführer Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS
Potenziale identifizieren, Entscheidungen finden mit dem SNBS
Urs-Thomas Gerber,Geschäftsleiter Areale und Gebäude, CSD Ingenieure AG
Standortvergleich – Pre-Check mit SNBS vs. vollständiges RatingStephan Kessler, Projektleiter Bauherr PM Ausland, Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
SNBS-Integration in einem internationalen Konzern
Dominik Zaugg, Standortarchitekt, F. Hoffmann-La Roche AG
Die Flexibilität des SNBS am Beispiel einer Justizvollzugsanstalt
Patrick Ernst, Mitinh. brücker+ernst gmbh sia